22.12.05

Sittengemälde

Mal wieder in meiner Tooncam geblättert.

Ja, ich entsinne mich. In China hatte ich Schnupfen und damit ein Problem. In China gilt es nämlich als äußerst unhöflich, Körpersekrete in Tüchern aufzufangen und diese dann, der Gipfel der Ekligkeit, in die Hosentasche zu stecken. In China zieht man alles hoch. Das bereitete aber mir wiederum Probleme. Weil was mach ich dann damit? Ausspucken? Im Besprechungszimmer? Auf den Boden? Nein. Ausspucken in ein Taschentuch? Damit wären wir wieder beim Problem der Tuchentsorgung gelandet. Schlucken? Naja.

Ich bin in dieser Zeit äußerst häufig auf die Toilette gegangen.
Der nette Herr Wang hat sich dann aber erbarmt und mir eine Brücke gebaut. Er hat ein Taschentuch genommen und sich selbst einmal geschneuzt. Für mich die Erlaubnis, nun auch Taschentücher zu verwenden zu dürfen.

Weil er so nett war, habe ich ihm einen Lebkuchen geschenkt. Mit der Überreichung von Gegenständen ist es aber in China auch so eine Sache. Man überreicht Geschenke, Papiere, Visitenkarten, all das mit beiden Händen. Jemandem etwas mit einer Hand zu geben ist nicht nur unhöflich, man zeigt Missachtung und entwertet den überreichten Gegenstand. Bekommt man selbst etwas geschenkt, darf man es keinesfalls gleich auspacken. Man legt das Geschenk auf die Seite und packt es später aus. Alles andere: mangelnde Wertschätzung, Missachtung.

Chinesen trinken gerne. Aber auch hier ist einiges zu beachten. Stößt man miteinander an muss man aufpassen, das Glas entsprechend des Ranges zu halten. Der Ranghöhere hält das Glas höher als der Rangniedrigere.

Ganbei heißt Prost. Allerdings ist es ein böses Prost. Sagt man Ganbei, dann muss man alles auf einmal trinken. Ex und weg. Haben sie mir zumindest eingeredet. Und weil ich so gut trinken konnte, wollte jeder mit mir Ganbei machen. Und das funktioniert bilateral. Es steht einer auf, kommt zu dir, macht einen Trinkspruch und dann Ganbei. Dann kommt der nächste, und der nächste. Auslassen darfst du keinen, weil das ist unhöflich und zeugt von Missachtung. Am Schluss war ich besoffen.

Die Krönung eines Mahles ist Mao Tai. Die Krönung der Freundschaft ist Ganbei mit Mao Tai. Und die Krönung der Wertschätzung ist Mao Tai mit Schlangenblut.
Mao Tai ist der fürchterlichste Schnaps der Welt, beim ersten Schluck. Nach dem dritten Mao Tai ist es dann plötzlich der beste Schnaps der Welt. Der nächste Tag ist der fürchterlichste Tag deines Lebens. Nicht nur, dass dir schlecht ist, jeder Rülpser schmeckt nach Mao Tai.

Die Rettungsform von Ganbei ist Banbei. Banbei heißt auch Prost, aber danach darf man nippen. Das haben sie mir aber erst ganz am Schluss gesagt.

Noch etwas muss man wissen, wenn man in China essen geht.
Der Ranghöchste sitzt gegenüber der Tür. Der Ranghöchste fängt an mit dem essen. Solange der Ranghöchste nicht zu essen begonnen hat, dürfen die anderen auch nicht beginnen. Alle Speisen, die der Ranghöchste nicht anrührt, dürfen die anderen auch nicht essen. Deshalb muss er von allem etwas nehmen, auch vom Zombiefisch

In China ist es übrigens nicht üblich, sich die Hand zu geben. Deshalb fühlt sich ein chinesischer Händedruck immer so an, als ob man einen toten Fisch in der Hand hält.

Es sei denn, der Chinese hat ein interkulturelles Training absolviert. Dann fühlt sich der Händedruck an wie eine Zange.

Ich habe mal gefragt, was Chinesen so im interkulturellen Training lernen. Neben "nicht den Rotz hochziehen", "nicht rülpsen" hat mir besonders gut die folgende Regel gefallen:

"Es zeugt in Deutschland keinesfalls von mangelnder Wertschätzung gegenüber dem Hotel, wenn man die Minibar nicht bis auf den letzten Tropfen austrinkt"

Posted by L9 at 13:00 | Comments (6)

13.12.05

Goliathon vs. Godzilla

monster.gif

Selbstverständlich waren wir auch im Jin Mao Tower. Mit 421 Meter Höhe eines der höchsten Hochhäuser der Welt. Dummerweise waren wir an einem sehr regnerischen, nebligen Tag dort - wir konnten also von unten kaum die Spitze sehen und von oben hatten wir wenig Weitblick. Dennoch war es äußerst abenteuerlich: es hat mir zwar keiner geglaubt, aber ich konnte einen Kampf zwischen Goliathon und Godzilla beobachten. Wenn ihr genau aufs Bild schaut, könnt ihr es vielleicht auch sehen - die Tooncam hat es festgehalten.

Am Tag sieht das Gebäude so aus.

Es empfiehlt sich, anstatt die Aussichtsplattform zu besuchen, gleich ins Grand Hyatt zu gehen. Unbedingt in einem der Cafes den Ausblick geniessen und danach im Innenschlauch einen Cocktail trinken. Ganz oben sieht man übrigens den Schatten des Goliathon.

Der Jazz in der Hotelbar konnte meine Nerven wieder ein wenig beruhigen.

Ein unvermeidliches Foto vom Bund...

... und von der Nanjing Road.

In Shanghai ist alles riesig. Das Gewerbegebiet ist alleine schon eine Stadt für sich. Du denkst - "ah, super, Gewerbegebiet, gleich sind wir da" und dann dauerts immer noch mindestens eine halbe Stunde.


Da bin ich auch jeden Tag vorbeigefahren. Aber nie hat einer Billard gespielt.


Posted by L9 at 15:46 | Comments (10)

12.12.05

Zhujiajiao die Dritte

So - Zeit für die finale Zhujiajiao-Fotostrecke.

Wie bereits erwähnt, handelt es sich hier um eine wunderschöne historische Wasserstadt, in der bereits vor 5000 Jahren Leute gelebt haben. Doch ein wenig zu alt, um der Shanghaianer Bauwut zum Opfer zu fallen. Offiziell wurde die Stadt allerdings erst in der Mingzeit gegründet, obwohl sie bereits zuvor als Handelsstätte bekannt war.

Fische wurden direkt am Fluss gekauft, der Fluss war sozusagen die Strasse. Die Leute haben einfach ihr Hinterfenster aufgemacht, um bei den fahrenden Fischhändlern einzukaufen.

Leute, die kein Fenster zum Fluss haben kaufen in der Einkaufsmeile.

Selbstverständlich ist diese Stadt eine Touristenattraktion, es gibt auch eine Museumstour - nichtsdestotrotz leben hier auch Menschen. Diese Idylle war es auch, die mich an Tirol denken ließ oder ans Mühlviertel.

Hier kommt allerdings wieder Venedig zum Zug.

Neben dem Beruf des Strassenkehrers gibt es auch die Gilde der Flusskehrer.

Wir sind natürlich auch Boot gefahren. Es war fürhterlich kalt.

Deshalb sind wir zum Aufwärmen essen gegangen in ein Restaurant. Unter anderem gab es Fischsuppe direkt aus dem Fluss.

Den Blick in die Küche wagten wir glücklicherweise erst nach dem Essen.

Wir hätten doch was vom Strassenhändler holen sollen. Da sieht man, was man bekommt...

... und von wem.

(das Wickelding war übrigens gut).

Ich habe mir dann noch einen Stempel machen lassen.

Und eine Fischfalle betrachtet.

Und wieder einmal ist mir aufgefallen, dass die Kulturen sich doch irgendwie gleichen. Zum Beispiel in der drastischen Darstellung dessen, was passiert, wenn man sündigt.

Hieronymus Bosch läßt grüßen.

Posted by L9 at 06:52 | Comments (4)

09.12.05

Vogelgrippe

Die Taube vorher

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und nachher

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Auch wenns manchmal archaisch scheint, das richtige chinesische Essen werde ich vermissen.

Posted by L9 at 07:19 | Comments (12)

08.12.05

Mittagspause

Zeit zum Bilderladen.

Ja. Zhuijiajiao ist so eine Mischung aus Venedig und Tiroler Bergdorf. Sie haben dort ein sehr interessantes Museum, in dem die Geschichte des Ortes dokumentiert ist. Der Führer hatte äußerst interessante Geschichten parat - nur leider hat er die in chinesisch erzählt. Penny, die eigentlich Dschän iiii fei heißt, war wohl so fasziniert von den Geschichten, dass sie vergessen hat, sie zu übersetzen. Wir wollten dann auch nicht mehr so drängen.

Wie auch immer. In Zhuijiajiao gab es Fischer, dort wurde der Reispreis für ganz China festgelegt und es lebte ein sehr wichtiger Mann dort in früher vergangenheit (religiöses Oberhaupt) und in jüngerer Vergangenheit. Der Mann, der in der jungen Vergangenheit (so 1920) hier gelebt hat, hat einen wunderbaren Garten anlegen lassen und war auch mal in Deutschland.

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Mehr später, weil Kollege F. fordert jetzt sein Notebook wieder ein, und ich muss meine Abschlusspräsentation fertigstellen.

Posted by L9 at 06:00

07.12.05

Feierabendsport

Was dem Deutschen der Bolzplatz, ist dem Zhujiaojiaoaner das abendliche Bootsrennen. Die trommelnden Cheerleaderinnen, die in der Mitte des Bootes mitfahren, sieht man leider nicht.

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Posted by L9 at 07:13 | Comments (5)

06.12.05

Abgefackelt

Auch in der perfektesten Fertigung, (und die Fertigungen sind tatsächlich äußerst professionell hier) findet man Stilblüten wie diese. Ein Wasserschlauch mit integrierter Steckdose, die auch noch äußerst offen verkabelt ist.

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Liebend gerne würde ich es daher auf die chinesischen Strominstallationen schieben, dass mein Notebook abgefackelt ist. Nur leider war das dann doch meine Schuld. Limonade verträgt sich nicht mit Notebooktastaturen.

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Deshalb habe ich im Moment nur äußerst sporadisch Zeit, euch auf dem Laufenden zu halten. Gerade verzichte ich aufs Mittagessen und habe mir stattdessen das Kollegennotebook unter den Nagel gerissen. Da sieht man mal, wie sehr mir meine Leser am Herzen liegen. Oder hat mich doch die Bloggersucht erwischt?

Übrigens, ich konnte die Festplatte retten. Deshalb wird der Ausflug nach Zhujiajiao jetzt sukzessive upgeloaded - und auch die anderen Abenteuer.

So, jetzt kommen gerade die Kollegen zurück.

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Posted by L9 at 05:32 | Comments (6)

04.12.05

Fresh Fish

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Vom Fisch zum Fisch in ein paar 1000 Jahren.

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Könnte es sein, dass sich Rongorongo, die Osterinselschrift, die heute keiner mehr entziffern kann, in eine ähnliche Richtung entwickelt hätte?

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Aber das ist jetzt eine sehr wilde Theorie.

Zurück zur Faszination. Faszinierend ist, dass die chinesische Schrift völlig unabhängig ist zum gesprochenem Wort. Das heißt, die Menschen können sich schriftlich verständigen, ohne die gleiche Sprache zu sprechen. Ich stelle mir das ähnlich vor wie unser Zahlensystem. 9 heißt im Deutschen "Neun", in englisch "Nine".

Heute war ich übrigens in Zhujiajiao (Tschutschatschou).

Wunderschön - Fotos folgen, und auch Toons, sobald ich Zeit habe!

Ja, Zeit für meine Toons, Zeit überhaupt, das habe ich mir heute gewünscht bei diesem Stand, an dem man Wünsche kaufen kann. Mitsamt Glöckchen. Das zweite Glöckchen ist für . Was ich ihm gewünscht habe, sag ich jetzt nicht. Ist eine Überraschung.

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Ich habe die Wünsche an den Baum gehängt, mal sehen, ob sie in Erfüllung gehen.

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Posted by L9 at 15:39 | Comments (2)