ICH BIN NICHT SÜSS – verdammt. Ich bin böse, bösartiger als ein Tumor, garstig, verrucht und verkommen. Nur glaubt mir das nie jemand.
Das hat schon begonnen, als ich 14 war. Ich klemmte mir existentialistische Bücher unter den Arm, schminkte mich weiß, kleidete mich schwarz – die schwarzen Ringe unter den Augen verstärkte ich mit Kajal. Am meisten haben mich die vergeistigten und intellektuell angehauchten Jungs aus der 12B interessiert. Die mit ihren runden Brillen, den Blick ins Nichts gerichtet, durch die Gänge schwebten. Die bestimmt wussten, wo es lang geht, wie man die Revolution startet und die vor allem auch wussten, wie dann die neue Gesellschaft auszusehen hat. Ergebnis war: die Jungs die waren meist verliebt, leider nicht in mich. Mich fanden sie nett, gut zum reden. Toll fanden sie die flotte Blonde aus der 11., die mit dem rückenfreien Shirt dem umwerfenden Schmollmund und dem gewissen Hauch von Brigitte Bardot. Für die würden sie sogar die Revolution sausen lassen und eine Kleinfamilie gründen.
Nun gut, was sollte ich machen? Das mit der Welterkenntnis und der Revolution schien wohl doch schwieriger zu sein – daher entschloss ich mich, ein Vamp zu werden. Ein Plastikvamp. Mit bunten Haaren, Minirock und Schuhen aus unechtem Tigerfell. Ich wurde zur begnadeten Trinkerin und wechselte die Freunde wie andere das Hemd. Allerdings achtete ich stets peinlich darauf, nie von deren Müttern erwischt zu werden. Weil das resultierte meistens in einem - „Hach, so ein süsses Mädchen, die wär doch wirklich was für dich. Wann kommt die denn wieder?“ Da konnte ich machen was ich wollte. Noch nichtmal meine Schwiegermutter ist da eine würdige Ausnahme. Als ich die kennenlernte, war ich äußerst derangiert. Das kam so:
kannte ich bereits. Seit 3 Wochen. Ich aus Wien, er aus Erlangen, und natürlich musste ich zeigen, wie cool die Wiener sind. Ich war zum Beispiel ziemlich trinkfest. 3 Maß Bier? Kein Problem. Ich schaffte sieben – und konnte dann nicht mehr heimgehen. Er hat mich mit zu sich genommen, in die familiäre Wohnung. Ich wachte dort auf und lernte seine Mutter kennen, auf dem Weg zwischen seinem Bett und der Toilette. Die Mutter streckte mir eine Bierschinkensemmel entgegen, ich wurde bloß bleich und habe ihr vor die Füße gekotzt. Offensichtlich aber so höflich, dass ich das erste Mädchen seit langem war, das dann öfters dort schlafen durfte. Die Mädels vor mir mußten meist durchs Kinderzimmerfenster rausklettern. Bierschinken kann ich bis heute nicht essen.
Wie auch immer, Vamp geht natürlich nicht, wenn man fest mit jemanden zusammen ist - und auch die weiteren Schritte auf dem Weg zur Boshaftigkeit scheiterten. Meine Cartoons können brutal sein wie sie wollen, meine Geschichten gemein (find ich jetzt keine), das was die meisten sagen, wenn sie mal mein Weblog erwähnen sollten, ist: "entzückend".
Obwohl, einmal gab’s jemanden, der hat mich durchschaut. Der sagte über mich „karrieregeil und geht über Leichen“. „Ja.“ – jubelte ich innerlich „So ist es! Endlich erkennt mich einer“. Dummerweise hat mir diesen Ausspruch nicht nur ein Kollege lachend weitererzählt. „Hahaha, hast du gehört was deeer über dich gesagt hat … hahaha….“. Was soll man davon halten?
Naja, ich habe immer noch die Hoffnung, dass irgendwann mal jemand Angst vor dem Wolf bekommt, der sich hinter meinem dicken Schafspelz versteckt.