26.07.04

Schaut euch doch die Zahlen an

Völlig überarbeitet und ausgelaugt will ich mich ein wenig meinem Freizeitvergnügen widmen. Ein paar nette Webgeschichten lesen, Klatsch und Tratsch rund um die Blogsphere, eventuell die eine oder andere interessante Lebensbetrachtung - oder ein kleines Juwel - und da springt mich jetzt auch hier der Ernst des Lebens an. Schaut Euch doch die Zahlen an - sagt Nico Lumma auf dem Blogtalk 2.0 - einer Veranstaltung, die wohl der Professionalisierung bestimmter Freizeittechnologien dient. Und er untermauert dies gleich mit einer bunten Torten-und-Türmchen-"Präsi" (was für ein Wort).

Okok - ich seh es ein - das Bloggen das ist schon ganz was ernstes.

Da gibt es große... ("Bloggen ist die Revolution in der Informationsgesellschaft. Die neue und einzig unabhängige Form der Berichterstattung") ...und kleine Visionen ("Mit Bloggen Geld verdienen"). Es gibt Missionen und Experten. Und es gibt Konferenzen, Politik, sowie die immer noch vorhandene Presse, die vielgeschmäht übers Bloggen berichtet.

Aber wenn wir doch jetzt so ernst sind, die Zahlen im Griff haben und die Missionen, dann müssten wir uns im nächsten Schritt schon auch Gedanken über die Strategie machen! Gibts hier draußen einen Blogger, der aus seiner Position Vorgehensweisen abgeleitet hat, Um seinen Marktwert zu steigern? Sich zu Positionieren? Ok, die unvergleichliche Frau Neuro hat bereits die Bloggertypologie auf den Punkt gebracht! Jedoch was leite ich daraus ab? Was mache ich, wenn ich nun ein Jammerblogger bin? Ist das gut? Oder schlecht? Mach ich weiter oder vergrabe ich mich im Selbstmitleid? Wie gehe ich vor?

Ich denke, wir sollten eine Portfolioanalyse machen, um unsere Normstrategien abzuleiten. Portfolioanalyse? Ganz einfach - US-einfach: nimm komplexe Sachverhalte, presse diese in eine zweidimensionale Matrix, und die Tipps und Strategien purzeln automatisch raus. Die Mutter der Portfolien kommt übrigens von einem amerikanischen Beratungsunternehmen, Boston Consulting. Da gings um fette Kühe und arme Hunde. Und die Strategien gingen von "Take the money and run" bis hin zu "Leave the shareholders and run".

Aber wie bekomme ich dieses komplexe Thema „Bloggen“ in eine 2-Dimensionalität?

portfolio.gif

Auf jeden Fall geht es um Zahlen. Zugriffszahlen. Pro Tag. Die können hoch sein oder gering. Was ist jetzt viel? Nun gut, nehmen wir an "hoch" ist eine Zahl größer als 250. Dann teilen wir anhand dieser Zahl unsere erste Dimension in 2 Teile. Gering < 250 <= hoch. Und natürlich werden wir hierfür die Y-Achse nehmen, also die, die in den Himmel ragt.

Jetzt zur zweiten Dimension – es wird schwierig. Die Originalität, oder besser gesagt die Einzigartigkeit, ist bestimmt ein ganz wichtiges Kriterium im Leben und Schreiben eines Bloggers. Es gibt Blogs, die gibt's nur einmal. Die erzählen ein Leben, das einzigartig ist. Oder sie sind durch sprachliches Ausdrucksvermögen unvergleichlich. Es kann auch die Idee einmalig sein, die hinter dieser Seite steckt. Das hat jetzt nichts mit Qualität zu tun. Nur damit, ob es diese Art von Blog nun selten gibt oder eher häufig. Häufig? Es gibt viele viele Blogs zum Thema IT. 570 Menschen mindestens, die tagtäglich eBusiness beschreiben, ein Seminar zum Thema eProcurement machen müssen oder Wikitechnisch sehr belesen sind. Es gibt mehr als 1000 Tagebücher, die aus dem Leben ihrer Besitzer berichten, durchaus gut geschrieben, durchaus interessant, aber eben häufig! Es gibt pro Tag mindestens 1032 einzigartige Sonnenaufgänge, 2769 Menschen die im Stau stehen und genervt sind, viele Töchter, die von ihren Müttern nicht verstanden werden und eine Handvoll detailliert beschriebener Orgasmen.

Wenn das nun alles klar ist kommt der nächste Schritt: Nimm eine 2-dimensionale Matrix, spanne auf die Y-Achse (die, die in den Himmel ragt) die Zugriffszahlen und auf die X-Achse die Originalität, und du bekommst 4 Felder.

Und dann, endlich, kannst Du lesen was du machen sollst!

Mainstram
Strategie: Vermarkten
Der Mainstream-Blogger hats geschafft. Ihn kann so schnell keiner vom Treppchen stossen - und, vielleicht, wenn er sich jetzt anstrengt, schafft er es sogar, mit seinem Blog Geld zu verdienen. Also: Ran an Google, ran an die Werbebanner! Und wenn er tüchtig ist und sich gut benimmt gibts ja sogar einen Beratungsauftrag von einer echten Firma. Money in your Eyes.

Cult
Strategie: Postition Halten!
Der Cultblogger hat es sehr schwer. Er hat die kritischsten Fans, viel Zugriff und hauptsächlich Stress. Geldverdienen oder sonstige Spiränzchen? Großes NoNo - uncool. Ein durchschnittliches Posting? Nicht in gewohnter Qualität? Ganz schlecht. Mal den falschen Link gesetzt, das falsche Blog zitiert? Äußerst gefährlich. Beim Cultblogger gilt: "Only the paranoids survive". Ansonsten droht das Abrutschen in den Mainstream oder gar der Absturz in den Underground.

Underground
Strategie, auch wenn’s schwer fällt: genießen, weil es geht ums Karma und um die Wahrhaftigkeit. Der Undergroundblogger weiß: Er ist gut, er ist einzigartig. Nur ist er oft der einzige, der das weiß. Vielleicht gibt es eine Handvoll Anhänger, die ihn tagtäglich besuchen. Die er genauso intensiv beobachtet wie sie ihn. Deren IP Adressen er auswendig kennt und deren Nichterscheinen auf seinem Webcounter ihn sofort verunsichert. Dennoch: sein Blog ist vielleicht nicht gut aber zumindest einzigartig - auch wenns keiner liest. Und er hat vor allem viel viel Ruhe. So - Enjoy it!

Me Too
Was soll man da viel sagen: Weitermachen! Die beste Freundin, der beste Freund, Mummy und Daddy schaun schon rein! Immer noch besser, als die Gedanken in einem geschmacklosen Tagebuch mit Goldschloss abzuladen. Da hat ein leuchtender Bildschirm schon mehr Stil.

Das ganze nochmals Macky-Mäßig aufbereitet.

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Posted by L9 at 22:04 | Comments (7) | Wilde Theorien