06.12.04

Heute kommt der Nikolaus

In Österreich kommt der Nikolaus nicht alleine, sondern bringt den Krampus mit. Der Krampus ist eine fürchterliche Gestalt. Ausgestattet mit zwei Teufelshörnern, einer langen roten Zunge und auffallender Körperbehaarung stürzt er sich auf alles, was sich bewegt. Einzig und allein der Nikolaus kann ihn bändigen.

Den schlimmsten Krampus erlebte im ÖTB, dem österreichischen Turnerbund. Das war kein Verein für Weicheier. Da wurde noch für Rasse, Zucht und Ordnung gesorgt und einmal im Jahr, zur Sonnwendfeier, gab es Gau-Turnen. Dementsprechend herb war auch das Nikolausfest. Wir Kinder mußten uns in einer Reihe "nach der Größe" aufstellen und warten. Lange geschah nichts, dann sprang mit einem Donnerknall die Türe auf und der Krampus stürzte herein - direkt auf uns zu. Er brüllte und rasselte mit seinen Ketten und jagte uns quer durch die Turnhalle. Kam man ihm zu nahe, spürte man auch schon mal die Rute. Mindestens eines der Kinder pinkelte sich jedesmal in die Hose, und die Helden waren die, die nicht lauthals zu heulen anfingen und sich bei den Eltern versteckten. Wenn dann endlich der Nikolaus kam in seiner ganzen Pracht, mit dem weissen Rüschenkleidchen, dem purpurroten Mäntelchen und der goldenen Mütze, da war alles gut. Er legte den Krampus an die Kette, beruhigte uns und gab uns Geschenke. Natürlich nur, wenn in seinem großen Buch zu lesen war, dass wir brav waren das ganze Jahr.

Man kann sagen was man will, aber dieses Duo mit seiner archaischen Symbolik, mit den Ketten und den Haaren und den Ruten, das hat schon mehr drauf als dieser lasche, amerikanisierte entsexualisierte, harmlose Wischi-Waschi-Weihnachtsmann. Wirklich wahr.